Blogland – Blogger Relations / Corporate Blogging

Die Zeit der kurzen Affären ist vorbei

Beitrag zur Blogparade "Erwartungen an das Kommunikationsjahr 2015"

Montag, 12. Januar 2015

Ende letzten Jahres erreichte mich die Interview-Anfrage einer Studentin, die in Wilhelmshaven studiert und jetzt ihre Bachelor-Arbeit zu Thema “Blogger Relations” schreibt. Ob sie mir ein paar Fragen stellen dürfe. Durfte sie natürlich. Ihre Einstiegsfrage hatte es gleich in sich: “Werden Blogs zukünftig an Einfluss verlieren?” Die Frage beschäftigte mich über das Interview hinaus und wurde vor einigen Tagen erneut geweckt, als mich die Einladung von Nicolas Scheidtweiler zur Blogparade “Erwartungen an das Kommunikationsjahr 2015” erreichte. Na, wenn das zusammen kein Wink dazu ist, meine Gedanken dazu auch hier zu teilen? Hier kommt sie also, meine Prognose für Blogger Relations im Jahr 2015:

Der Trend geht zu langen Beziehung anstelle kurzer Affären!

Ein bißchen waren die letzten Jahre für die Blogosphäre eine Sturm & Drang-Zeit. Sie war begehrt, sie war sexy, sie war nahezu unberührt. Die jungen Blogs mit kleinen Reichweite schauten zu den einflussreichen Blogs herauf wie Siebtklässler zu Abiturenten. Die heranwachsenden Blogs probierten sich mehr und mehr aus. Es gab schüchterne Annäherungsversuchen zwischen Marken und Bloggern, es gab aber auch plumpe Anmachen und billige schnelle Nummern. Flüchtige Affären, bei denen sich manch ein Unternehmen mehr ins Zeug legte, um langfristig in Erinnerung zu bleiben, als andere. Und dazwischen viele Blogs, die sich nichts sehnsüchtiger wünschten, als auch mal von einer Kooperation geküsst zu werden.

Aber die Blogosphäre ist erwachsen geworden und weiß immer besser, was sie will. Außerdem merken Blogger auch, dass es ihrem Ruf nicht unbedingt nützt, sich in immer neue Blogger Event-Arme zu stürzen. Und auch Unternehmen merken zunehmend, dass die vielen Dates und Liebesbriefe an Blogger eine Menge Arbeit machen. Kurz gesagt: Die Sehnsucht nach einer stabilen Partnerschaft statt vieler kleiner Eskapaden wächst.

Und nun verlasse ich mal die amouröse Metapher und resümiere in klaren Worten: Ich glaube, dass Blogger eine relevante Zielgruppe für die Kommunikationsarbeit von Marken und Unternehmen bleiben – sofern es den Bloggern gelingt, ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren und neben bezahlten Kooperationen auch eigengestaltete Inhalte mit Mehrwert zu schaffen. Dreierlei höre ich immer wieder:

Blogger/in: “Ich komme überhaupt nicht hinterher, all die Kooperationsanfragen zu bearbeiten. Es stresst mich langsam sehr, wie am Fließband kreativ zu sein.”

Leser/in: “Wenn ein Blog fast nur noch Kooperationen veröffentlicht, mag ich auch nicht mehr draufschauen. Ist dann noch überall dasselbe.”

Unternehmen: “Es sind einfach viel zu viele Blogs. Wie sollen wir die denn alle verfolgen, beurteilen und bedienen?”

Alle sind satt.

Allen ist es irgendwie zu viel.

Alle wollen mit weniger Aufwand mehr erreichen.

Die Rechnung ist denkbar einfach: Wenn sich ein Unternehmen auf eine Handvoll digitaler Markenbotschafter beschränkt, wird die Arbeit abnehmen, die Glaubwürdigkeit aber steigen. Werden die ausgewählten Blogger dann auch angemessen entlohnt, haben sie es wiederum nicht nötig, sich noch auf viele anderen Kooperationen einzulassen (vorausgesetzt sie gehören zu den Bloggern, die Geld verdienen wollen). Und das hat wieder mehr eigenen Content zur Folge und noch zufriedenere Leser.

Ich kann nicht in die Zukunft schauen, aber es würde mich nicht überraschen, wenn die Professionalisierung und Monetarisierung des ursprünglich unabhängigen privaten Bloggens zu folgender Entwicklung führt:

  • Organisationen beschränken sich auf eine ausgewählte Zahl an digitalen Markenbotschaftern
  • es gäbe dann mehr große, finanzkräftige Kooperationen statt vieler kleiner
  • das Bloggen würde für diejenigen, die keine großen Kooperationen an Land ziehen, sich allerdings genau das versprochen hatten, uninteressant
  • es blieben im Wesentlichen zwei Gruppen übrig: diejenigen, die kein Geld mit Bloggen verdienen wollen und diejenigen, die richtig gut davon leben können
  • die Zahl der Blogger „dazwischen“ und die Zahl an kleinen, oft die Glaubwürdigkeit bedrohenden Kooperation würde deutlich sinken.

Ich bin gespannt, ob ich richtig liege. Ganz persönlich - als Bloggerin, als PR´lern, als Leserin - würde es mir wünschen!

Koffer: Blogger Relations