Blogland – Blogger Relations / Corporate Blogging

Hilfe, meine Mitarbeiter bloggen Kritik!

Freitag, 26. April 2013

Das wünscht sich wohl kein Unternehmen: Ein Blog, in dem die eigenen Mitarbeiter ihren Frust über die Arbeitsverhältnisse veröffentlichen. In Bremen gibt es solch eine Online-Publikation und die hat derzeit besonders viel Stoff zum Schreiben. Die Rede ist vom Blog der Zeitungszusteller Bremen. Hier findet man nicht - wie man es auch vermuten könnte - Anekdoten von morgendlichen Runden durch die Stadt, sondern kritische Berichterstattung rund um die Bremer Tageszeitungen AG. Es geht um die Interessen der Arbeitnehmer, um unverständliches Handeln des Vorstands und um Stellenabbau.

Unfair?

Nach dem Lesen einiger aktueller Beiträge kann ich den Schreibern keine emotional gesteuerte Hetzkampagne vorwerfen. Die Artikel sind sachlich formuliert und fassen Beobachtungen und gesammelte Informationen zusammen. Die Betonung liegt hier auf “gesammelte”. Von der Bremer Tageszeitungen AG werden scheinbar keine verbindlichen bzw. transparenten Informationen zur Verfügung gestellt. So liest man beispielsweise: “Wie wir einem Beitrag des Regionalmagazins Buten un Binnen entnehmen mussten, sollen jetzt erneut 2 Abteilungen des Hauses geschlossen werden.” Es ist immer schlecht, wenn Mitarbeiter aus den Medien von Veränderungen im Unternehmen hören. Noch schlechter ist es, wenn das Unternehmen ohnehin schon für viel Unmut bei den Angestellten gesorgt hat. Das ist bei der Bremer Tageszeitungen AG durchaus der Fall.

Ihr Umgang mit Beschäftigungsverhältnissen, der Streit um Tarife, das Auslagern von Regionalredaktionen an externe Dienstleister und die abnehmenden Zahl an festen Redakteuren sorgt seit Längerem für Kritik. Nicht nur aus den eigenen Reihen, sondern auch der Deutsche Journalistenverband ist über die Veränderungen entrüstet. Auch bundesweite Medien blicken auf die Situation in Bremen. Last, but not least sind auch zwei andere Gruppen unzufrieden: die Pressesprecher und PR-Agenturen in Bremen sowie die Leser. Erstgenannte, weil sich Ansprechpartner immer ändern und Themen aus Zeitnot oder Wissensmangel nicht mehr angemessen berücksichtigt werden (vgl. diesen treffenden Blog-Beitrag ). Die Abonnenten möchten währenddessen mehr Qualität und Themenvielfalt im Blatt haben. So lassen es die abnehmenden Zahlen der Abos jedenfalls vermuten.

Zurück zum Blog.

Das Blog repräsentiert also keine Einzelmeinung, sondern reiht sich in viele Stimmen der Kritik ein. Dennoch liegt natürlich eine Frage auf der Hand: Darf ein Mitarbeiter das? Ich würde mich über juristische Kommentare an dieser Stelle freuen, nehme aber schwer an, dass dieser Blog nicht vom Arbeitgeber untersagt werden kann. Sicherlich hat der Blog-Betreiber, der übrigens mutig genug ist, sich im Impressum namentlich zu nennen, niemals eine Arbeitsvertrag unterschrieben, in dem er akzeptiert, im Internet nicht über das Unternehmen zu berichten. Da er zudem nicht zu schreiben scheint, was an Verleumdung grenzt, muss der Blog vom Arbeitgeber sicherlich akzeptiert werden.

Was kann ein Arbeitgeber in solch einem Fall aber sonst tun? Den Blog als Gradmesser für die interne Stimmung nutzen. Schwächen in der internen Kommunikation analysieren und künftig besser darin werden. Kontakt mit dem Schreiber suchen und ihm Hintergründe erzählen, die im Blog bislang nicht aufgetaucht sind. Schlicht und ergreifend die Offenheit entwickeln, etwas zu verändern. Sofern ihm seine Mitarbeiter etwas wert sind, wäre das in diesem Fall der richtige Weg. Und vom Blog-Betreiber wäre es außerordentlich fair, dann auch von diesen positiven Entwicklungen zu berichten.

 

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